Unrechtmäßige Festsetzung der Sea-Watch 3
Im Juni 2018 wird der Sea-Watch 3 die Ausfuhrgenehmigung aus dem Hafen Maltas verweigert. Trotz Erfüllung aller Sicherheitserfordernisse, dauert es vier Monate bis das Schiff wieder aus dem Hafen ausfahren darf. Für die unrechtmäßige Festsetzung und die dadurch entstandenen Kosten klagt Sea-Watch gegen die maltesischen Behörden und wird dabei finanziell vom Sea-Watch Rechtshilfefonds unterstützt.
Image Credits: Sea-Watch e.V.
Am 16.06.2018 läuft das durch die Seenotrettungsorganisation “Sea-Watch e.V.” (SW) operierte Schiff “Sea-Watch 3” (SW3) wie gewohnt in den Hafen von Valletta, Malta, ein. Nach ihrer Ankunft werden standardmäßige Überprüfungen durchgeführt, wonach das Schiff alle Anforderungen erfüllt. Am 28.06.2018 kündigt Malta in einer Presseerklärung die allgemeine Schließung seiner Häfen für Schiffe von Seenotrettungsorganisationen an. Als Begründung wird vorgebracht, Malta müsse sicherstellen, dass der Betrieb von Schiffen in seinem Zuständigkeitsgebiet den nationalen und internationalen Normen entspreche, einschließlich der Zertifizierung und Registrierung der betroffenen Schiffe. Zwei Tage später verweigern die maltesischen Behörden der SW3, welche am 30.06.2018 ausfahren wollte, erstmals die Ausfuhrerlaubnis. Am 1. Juli geschieht dies abermals ohne Angabe rechtlicher Gründe. Eine formale, urkundliche Beschlagnahmung wird ebenfalls nicht ausgestellt.
An diesem und dem darauffolgenden Tag führen maltesische Behörden Inspektionen auf der SW3 durch, um zu überprüfen, ob deren Dokumente sowie der allgemeine Status des Schiffes in Ordnung sind. Zu diesem Zeitpunkt werden keine Bedenken geäußert; stattdessen bitten die Behörden darum, mit dem niederländischen Flaggenstaat Kontakt aufzunehmen.
Kurz darauf führt das niederländische Inspektorat für menschliche Umwelt und Verkehr (ILT), eine zweitägige Inspektion der SW3 bezüglich deren Registrierung und technischer Aspekte im Sinne der Sicherheitsvorschriften gemäß den MARPOL & SOLAS Übereinkommen durch, die von Malta beantragt worden war, ohne dass SW darüber informiert worden war.
Die Sea-Watch 3 im Hafen
Tim Wagner / Sea-Watch e.V.
Wenige Tage später wird in einem offiziellen Bericht der niederländischen Behörde explizit festgestellt, dass die SW3 alle Sicherheitserfordernisse erfüllt und ordnungsgemäß registriert ist. Der Bericht geht den maltesischen Behörden am 20.07.2018 zu; spätestens ab jetzt besteht keine rechtliche Grundlage mehr für die Festhaltung des Schiffes ohne weitere Begründung. Trotz einen daraufhin durch SW initiierten Austausch zwischen der maltesischen Hafenbehörde und SE wird eine Ausfuhrgenehmigung Anfang August zum dritten Mal verweigert. Am 20.8. fordert SW die bis dahin weitgehend still gebliebene niederländischen Behörden auf, sie als Flaggenstaat bei der Hafenabfertigung zu unterstützen.
Schließlich wird die SW3 am 22. Oktober 2018 ohne weitere Bedingungen freigegeben. Die Festsetzung der SW3 dauerte nahezu vier Monate; in dieser Zeit muss die Seenotrettungsorganisation weiterhin für den Anlegeplatz im Hafen, die Instandhaltung des Schiffes, sowie für das Wohlergehen der Crew bezahlen. Kosten die aufkommen, obwohl keine Menschenleben gerettet werden können. Hinzu kommen die Kosten, die nicht mit Geld zu berechnen sind: Während es unmöglich ist zu wissen wie viele Menschen auf dem Mittelmeer ertrunken sind, ist klar, dass die SW3 dort fehlte, um nach Menschen in Seenot Ausschau zu halten und sie zu retten.
Die Sea-Watch 3 im Einsatz auf dem Mittelmeer
Tim Wagner / Sea-Watch e.V.
Das Vorgehen der maltesischen Behörden verletzte SW in ihrem Recht auf Eigentum, ihrem Recht auf Freizügigkeit und Schifffahrt. Weiterhin verletzte die Festsetzung des Schiffes das Recht auf friedliche Durchfahrt unter dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Für die Festsetzung gab es weder tatsächliche oder rechtliche Gründe, noch war Malta zuständig für solche Überlegungen, da nach internationalem Recht allein der Flaggenstaat für die Prüfung von Registrierungsfragen verantwortlich ist. Ähnliche Vorgänge ließen sich im Juni auch gegenüber den Schiffen der NGOs “Mission Lifeline” und “Sea-Eye” beobachten, obwohl deren Schiffe in anderen Registern als die SW3 registriert sind; somit kann dies in einen allgemeinen Trend hin zur politisch motivierten Kriminalisierung von Seenotrettungsorganisationen eingeordnet werden.
Der Sea-Watch Rechtshilfefonds e.V. unterstützte das darauffolgende Verfahren von Sea-Watch durch Übernahme der Gerichts- und Anwaltskosten.
Obwohl die Klage von Sea-Watch gut begründet war, wurde sie im September 2021 vom maltesischen Gericht in einer lang erwarteten Entscheidung abgewiesen. Sea-Watch hat im Oktober Berufung eingelegt.