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Erzwungenes Geständnis im Austausch für ein schnelleres Verfahren

Ein Ehepaar wurde von der slowenischen Polizei verhaftet und gezwungen, zu gestehen, dass es Migranten geschmuggelt hat. Sie wurden von Migranten denunziert, denen die Polizei mit Abschiebung nach Bosnien drohte.

Erzwungenes Geständnis im Austausch für ein schnelleres Verfahren

Image Credits: DAILY SABAH

Am 05.10.2021 fuhren MM und HH nach Kroatien, um MMs Bruder (EM) zu treffen. Der Bruder war aus Afghanistan geflohen und hatte zwei iranische Männer bei sich, die ebenfalls auf der Flucht waren. Alle drei kamen aus Griechenland und wollten weiter nach Europa.

MM und HH waren überrascht über die beiden Iraner und wollten sich eigentlich nur mit dem Bruder/Schwager treffen. Doch nachdem die drei Flüchtigen seit mehr als 8 Monaten auf der Flucht waren und die Iraner MM und HH um Hilfe baten, brachten sie sie an die Grenze zwischen Kroatien und Slowenien. Jenseits der slowenischen Grenze verbrachten MM und HH die Nacht allein. Die drei Flüchtlinge überquerten die Grenze illegal zu Fuß und wurden dann von der slowenischen Polizei verhaftet.
Bei der Vernehmung der drei Flüchtlinge wurden sie von der slowenischen Polizei extrem unter Druck gesetzt und mit Haft und Abschiebung nach Bosnien bedroht, falls sie nicht verrieten, wer sie nach Slowenien geschleust hatte. Daraufhin beschuldigten die beiden iranischen Flüchtlinge den Bruder, ein Schmuggler zu sein, und MM und HH, seine Komplizen zu sein. Sie gaben der Polizei auch das Kennzeichen, die Beschreibung des Autos und die Beschreibung des Paares preis. Daraufhin wurden MM und HH am Morgen des 06.10.2021 ebenfalls auf ihrem Rastplatz verhaftet und in das Gefängnis in Krško gebracht. Ein neues Auto und zwei Handys von MM und HH wurden beschlagnahmt. Die beiden iranischen Flüchtlinge wurden nach ihrer Zeugenaussage in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht.

MM und HH werden des unerlaubten Menschenhandels beschuldigt. Anfang Oktober wurden 1.000 € von seinem Schwager auf das Konto von HH überwiesen. Wahrscheinlich Geld, das er in Griechenland verdient hat und das HH an seine Mutter weiterleiten sollte. Dieses Geld unterstützt den Vorwurf des Menschenhandels.

Der Anwalt von HH hatte mit dem zuständigen Staatsanwalt gesprochen und dieser stellte zunächst eine Freilassung von HH gegen eine Zahlung von 60.000 € in Aussicht. Nach einer Verhandlung mit der Staatsanwaltschaft wurde die Summe herunterverhandelt. Der Anwalt empfahl die Zahlung und ein Schuldeingeständnis. HH wurde Mitte Januar gegen eine Geldstrafe von 35.000 € und ein Geständnis der Straftat freigelassen. Das Geständnis der Tat wurde von der Staatsanwaltschaft “erzwungen”. Andernfalls hätte sich das Verfahren bis zur Gerichtsverhandlung bis zu zwei Jahre hinziehen können. Dies hätte bedeutet, dass seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erloschen wäre und er seine Festanstellung bei Thyssenkrupp - Rasselstein verloren hätte. Ein Führungszeugnis des Bürgermeisters der WO, des Arbeitgebers Rasselstein, und die unbefristete Aufenthaltserlaubnis halfen nicht, den Staatsanwalt zu überzeugen.

MM wurde am 20.10.2021 gegen eine Kaution von 5000 € aus der Haft entlassen und konnte zu ihrem Sohn nach Deutschland zurückreisen. Am 02.02.2022 erhielt sie ein Schreiben der slowenischen Staatsanwaltschaft, da ihr Fall noch nicht abgeschlossen ist und sie nur wegen der Zahlung der Kaution aus der Haft entlassen wurde.

Auf Antrag von Borderline Europe im Namen des angeklagten Paares hat der Sea-Watch Rechtshilfefonds entschieden, einen Teil der Prozesskosten zu übernehmen.

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