COVID-19, ein Vorwand für Kriminalisierung
Nachdem Griechenland einen der härtesten Lockdowns Europas verhängt hatte, wurden die Beschränkungen für den Großteil der Bevölkerung zu Beginn der Tourismussaison 2020 aufgehoben und nicht wieder eingeführt. In den Lagern auf den ostägäischen Inseln gelten sie jedoch weiterhin: Die Menschen dürfen nur aus ganz bestimmten Gründen ausreisen und sind praktisch eingesperrt.
Image Credits: Orestis Panagiotou
Griechenland führte eine der härtesten Lockdowns in Europa durch; jede Person durfte das Haus nur verlassen, wenn sie eine Textnachricht mit einem von sieben anerkannten Gründen an eine zentrale Nummer schickte. Der Lockdown endete mit dem Beginn der Touristensaison für griechische Staatsangehörige. Nicht jedoch für Menschen, die in Lagern untergebracht waren und sind. Bis heute dürfen sie die Lager nicht oder nur aus streng geregelten Gründen, z. B. zu Arztterminen, verlassen. Sie befinden sich de facto in Gefangenschaft, egal wie die griechische Regierung es nennt. Hier wird das Coronavirus instrumentalisiert, um Menschen zu kriminalisieren.
So wie in Kos; das letzte Abschiebegefängnis auf den ostägäischen Inseln, nachdem Moria und das berüchtigte Lager Abschnitt B niedergebrannt sind. Dort werden Asylbewerber festgehalten, sowie Menschen, die wegen illegalen Aufenthalts aufgegriffen wurden.
Insbesondere auf Chios werden Neuankömmlinge mit Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro belegt, wenn sie gegen die COVID-19-Protokolle verstoßen, d. h. keinen PCR-Test oder keine Impfung vorweisen können und/oder die “Passenger Locator Form” nicht ausgefüllt haben. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine “Strafe” im dogmatischen Sinne des Strafrechts handelt, sondern eher um eine Ordnungswidrigkeit, so werden dennoch Personen für ein bestimmtes Verhalten bestraft, das offensichtlich nicht strafwürdig ist. Gegen diese Sanktionen kann man Einspruch erheben und den Rechtsweg beschreiten. Wenn man die Angelegenheit gerichtlich prüfen lassen will, muss man das Bußgeld im Voraus einzahlen - es versteht sich von selbst, dass hier niemand 5.000,00 EUR zur Verfügung hat.
Equal Rights Beyond Borders ist eine in Griechenland tätige NGO mit Büros in Athen, Chios und Kos, die Asylbewerbern in den EU-Hotspots in Griechenland qualifizierten Rechtsbeistand bietet. Sie hat sich insbesondere mit der Frage der Kriminalisierung von “Verstößen” gegen die COVID-19-Protokolle befasst und zahlreiche Betroffene rechtlich vertreten. Equal Rights Beyond Borders wird bei diesem Projekt finanziell durch den Sea-Watch Rechtshilfefonds unterstützt.
Möchtest Du uns bei der rechtlichen Vertretung von Menschen auf der Flucht, die gegen die COVID-19-Protokolle “verstoßen” haben, unterstützen? Dann spende bitte hier.